Die Landwirtschaft steckt in einer Wahrnehmungskrise, meint Sönke Hauschild vom Bauernverband Schleswig-Holstein. Landwirte gelten in der Öffentlichkeit laut Umfrage als besonders vertrauenswürdig. Umso schlimmer, wenn dieses Vertrauen in Form von Skandalen zerstört wird. Hauschild und der SPIEGEL-erprobte Landwirt Christian Henne machten diese Woche den Landwirten beim Schweineforum in Cloppenburg Mut, sich gegenüber den Verbrauchern zu öffnen und die Produktion transparent zu machen.

Ein nicht gerade schmeichelhafter Titel für die Schweinehalter. Dennoch: Der Landwirt, der für die SPIEGEL-Titelgeschichte seinen Stall geöffnet hat, hat es nicht bereut.
„Eintritt verboten! Geschützter Tierbestand!“ Solche Schilder hätten an Ställen heutzutage eigentlich nichts mehr zu suchen, meint Hauschild. Christian Henne aus Deitersen hat solche Schilder nicht. Im Gegenteil: Der 51-jährige hat für eine Titelgeschichte des SPIEGEL im vergangenen Jahr seinen Stall geöffnet. Mutig, denn immerhin zählt das große deutsche Nachrichtenmagazin nicht gerade zu den Freunden der konventionellen Tierhaltung. Dementsprechend lautete auch der reißerische Titel der Geschichte: „Das Schweinesystem“ – ein Begriff, den die damalige Rote Armee Fraktion (RAF) in Bezug auf den Staat verwendet hatte.
Er habe mit seiner Familie gründlich alle Vor- und Nachteile diskutiert und sei dann zu dem Schluss gekommen, dass die Geschichte auch ohne ihn gemacht würde. So hätte er aber wenigstens die Chance, das zu sagen, was er für richtig hält und zu zeigen, wie er arbeitet. Denn vorzuwerfen habe er sich nichts. Die Chance, dass sich der Ruf bessert, sei dagegen groß. „Ohne die Akzeptanz im Ort könnte ich keine Tiere halten“, betont er.
Und auch, wenn viele Fakten aus dem SPIEGEL-Bericht nicht stimmten, so sei er doch zufrieden gewesen. Tatsächlich: Die Landwirte kommen deutlich weniger schlecht weg als die Fleischindustrie. Übung mit Stallöffnungen hat Henne bereits zur Genüge gesammelt. So hat er immer wieder Besuchergruppen aus dem Ort durch den Stall geführt und die Erfahrung gemacht, dass selbst Kritiker der konventionellen Tierhaltung nach einem Besuch im Stall eine deutlich bessere Meinung hätten.
Das deckt sich auch mit den Erfahrungen, die wir im Transparenzprojekt der Niedersächsischen Geflügelwirtschaft gemacht haben. Die Skepsis, sich zu öffnen, ist bei vielen Landwirten groß. Doch wenn Sie erst einmal Presse und Öffentlichkeit durch den Stall geführt haben, sind sie meistens zufrieden. Sie geben der Landwirtschaft ein (realistisches) Gesicht und zeigen, dass es nach wie vor bäuerliche Familienbetriebe sind, die Lebensmittel produzieren und keine „Agrarfabriken“. Denn das Bild der meisten Menschen, wie Lebensmittel in Deutschland produziert werden, ist völlig verzerrt. Die Ansichten reichen vom romantischen Bild mit glücklichen Tieren auf der Wiese, wie es die Werbung vermittelt, bis hin zum tierquälerischen System, das manche Medien vermitteln. Die Wahrheit liegt ganz woanders – doch das zu vermitteln, wurde über Jahrzehnte versäumt. Es wird Zeit, dass es mehr Landwirte wie Christian Henne gibt.
1 Kommentar
Christoph · 22. September 2014 um 16:39
Ich finde es gut, dass Herr Henne seinen Stall für den Spiegel geöffnet hat. Es war mutig, aber auch sehr klever, da er so auch seine Meinung in den Bericht bringen konnte. Es gibt bestimmt viele Aufzuchtbetriebe, die diesen Schritt mit dem Spiegel nicht gewagt hätten. Denn das ist schon ein Unterschied, ob nun der Spiegel kommt oder die Dorfbewohner.
Gruß Christoph